Es ist die quälende Ungewissheit, die die Angehörigen von Vermissten nicht zur Ruhe kommen lässt. „Als die Gefängnisse sich in Syrien Anfang Dezember 2024 öffneten, war der Andrang groß“, berichtet Christiane Maahs, die beim DRK-Kreisverband Celle die Ansprechpartnerin in der Suchdienstberatungsstelle ist. Sie bedauert, dass bisher kein Fall, der an sie in diesem Zusammenhang herangetragen wurde, aufgeklärt werden konnte.
Weltweit sind mehr als 200.000 Menschen aufgrund von bewaffneten Konflikten, Flucht, Vertreibung und Migration vermisst oder von ihren Familien getrennt. Anlässlich des Internationalen Tages der Vermissten am 30. August macht das Rote Kreuz deutschlandweit mit der Aussaat von Vergissmeinnicht-Samen aufmerksam. Jede Vergissmeinnicht-Blume, die im Frühjahr sprießt, steht für ein Vermissten-Schicksal, das die Person selber und ihre Angehörigen betrifft. Auch der DRK-Kreisverband Celle beteiligte sich: Präsident Ulrich Kaiser säte im Garten des DRK-Bildungszentrums und Sitz des DRK-Ortsvereins Celle in der Fundumstraße, damit im Frühjahr ein Vergissmeinnicht-Beet entsteht. Christiane Maahs und DRK-Mitarbeiterin Christiane Gentzmann assistierten (s. Foto).
„Wir erhalten Suchanfragen für die Ukraine, Afrika, Afghanistan und Syrien“, erläutert die Leiterin des Suchdienstes. „Die Menschen sind dankbar, wenn sie gehört werden und einen Ansprechpartner haben.“ Zu ihrem Einzugsgebiet gehören nicht nur Stadt und Landkreis Celle, sondern auch Soltau und Fallingbostel. Wie nachhaltig es die Familien belastet, wenn der Verbleib von Verwandten ungeklärt ist, zeigt die Verlängerung der Frist bis 2028 für die Schicksalsklärung im Nachgang des Zweiten Weltkriegs. Oft verloren sich die Familienverbände in der Dynamik der Flucht aus den Augen, aber auch die noch in den letzten Monaten des Krieges rekrutierten Männer des Volkssturms sind beispielsweise Gegenstand der Suche.
Zu den Jahrzehnte zurückliegenden Ereignissen kommen die aktuellen Krisen und Konflikte hinzu. 2.391 vermisste Angehörige wurden international im Jahr 2024 neu registriert. Die Hauptherkunftsländer der Suchenden sind Afghanistan, die Ukraine, Syrien, Irak und Serbien. Tausende wandten sich im vergangenen Jahr an die Suchdienste der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, die über ein internationales Suchdienst-Netzwerk verfügen.
„Die Berichte der Angehörigen ähneln sich“, sagt Christiane Maahs. Dennoch ist im Laufe der Tätigkeit kein Abstumpfungsprozess eingetreten. „Hinter jeder Anfrage stecken menschliche Schicksale. In den Gesprächen wird immer wieder deutlich, wie wichtig es für die Angehörigen ist, dass sie Gewissheit erhalten, was den Vermissten widerfahren ist und wo sie verblieben sind.“
Text und Foto: Anke Schlicht